stadtmobil Vorstand Claudia Braun über zukunftsfähige Fortbewegungskonzepte und die Rolle von stadtmobil


Carsharing (Stadtmobil)

In unserem heutigen Interview sprechen wir mit einer echten Pionierin der Carsharing Branche: Frau Claudia Braun, Vorstand und Gründungsmitglied von stadtmobil Rhein-Necker AG. stadtmobil ist vor über 20 Jahren aus einer Umweltinitiative hervorgegangen und zählt heute zu den wichtigsten Marktteilnehmern des modernen Carsharings.

CARSHARING-EXPERTEN: Guten Tag Frau Braun, vielen Dank dass Sie sich Zeit für ein Interview genommen haben. Das Interview findet im Rahmen unserer Reihe „Die Macher der modernen Mobilität“ statt. Können Sie uns zum Start ein kleines Update geben, wie Sie die Position von stadtmobil aktuell im deutschen CarSharing Markt sehen?  Sie sind nun seit über 20 Jahren in dem Markt. Erst in den letzten fünf Jahren ist das Thema „en vogue“ geworden. Haben die Automobilhersteller mit ihren Angeboten wie car2go dem Markt zum Schwung verholfen? Und sind Sie mit der Performance von stadtmobil zufrieden?

Claudia Braun: Das Thema CarSharing hat insgesamt durch die neuen Anbieter an Schwung und Präsenz gewonnen und ist aus der „Öko-Ecke“ heraus getreten. Dadurch kommen jetzt mehr und mehr Kunden zum CarSharing, bei denen der ökologische Gedanke weniger im Vordergrund steht; die sich einfach nur ausrechnen, dass sie mit CarSharing deutlich günstiger unterwegs sind als mit dem eigenen Auto. Das tut prinzipiell auch stadtmobil gut, was Kundenwachstum und Wahrnehmung in der Öffentlichkeit angeht. Ich sehe stadtmobil trotzdem als Unikat auf dem deutschen Markt. Wir sind der einzige Anbieter, der derzeit ein kombiniertes Angebot aus free floating und stationsgebundenem CarSharing macht – mit der Summe aller Vorteile, die das jeweilige Modell mit sich bringt.

CARSHARING-EXPERTEN: Es gibt in Deutschland aktuell rund 800.000. CarSharer. Das ist im Gesamtkontext noch nicht viel. Wie kann die Popularität von CarSharing gesteigert werden? 


Claudia Braun: Der Trend ist ja offensichtlich und durch zahlreiche Studien belegt: Beim Thema Mobilität ist „Nutzen“ für junge Leute wichtiger als „Besitzen“; das Auto ist in großen Teilen der Bevölkerung kein Statussymbol mehr. Jetzt muss das Mobilitätsangebot zukunftsfähig gemacht und ausgebaut werden. Da sehen wir auch die Bundesregierung und die Landesregierungen in der Pflicht, damit es zum Beispiel durch gezielte Stadtentwicklung und durch geänderte Gesetzgebungen leichter wird alternative Mobilität anzubieten. Vor allem die Verknüpfung zwischen ÖPNV, CarSharing, Fahrradverleihsystemen etc. muss vorankommen. Die Menschen sollen das Gefühl haben, dass es über weite Strecken ganz einfach und intuitiv möglich ist sich ohne eigenes Auto zu bewegen.

CARSHARING-EXPERTEN: Wie sind Ihre Pläne für 2014? Welches Wachstum planen Sie und wie?

Claudia Braun: Wir verfolgen ja schon seit Jahren eine angebotsorientierte Firmenpolitik, so dass wir auch 2014 den Fuhrpark um etwa 20 Prozent ausbauen werden. Dabei soll es sowohl im stationsgebundenen als auch im free floating CarSharing weiter voran gehen.

CARSHARING-EXPERTEN: Können Sie uns etwas über die Kundenloyalität der stadtmobil Nutzer verraten? Wie viele Nutzer entscheiden sich dann doch um für ein eigenes Auto? Wie ist hier Ihre Erfahrung der letzten Jahre?

Claudia Braun: Unsere Nutzer sind sehr loyal. Die meisten, die CarSharing mal ausprobieren merken, wie einfach es funktioniert und schätzen sehr schnell die vielen Vorteile wie Zeitersparnis, hohe Flexibilität und geringe Kosten. Wenn es in einer bestimmten Lebensphase nicht mehr passt, entscheiden sich manche dann doch für einige Zeit für ein eigenes Auto. Für uns ist aber wichtig, dass wir eine 99-prozentige Weiterempfehlungsquote bei den Kündigern haben. Soll heißen: Selbst wenn CarSharing – oft eben auch vorübergehend – nicht mehr das passende Modell ist, sind die Kunden mit stadtmobil so zufrieden, dass sie uns gerne und oft weiterempfehlen.

CARSHARING-EXPERTEN: Sie haben mit JoeCar in Mannheim und stadtflitzer in Hannover nun auch Ihre eigenen Freefloating Konzepte im Markt. Möchten Sie das Konzept in weiteren Städten ausrollen? Treten Sie damit in direkte Konkurrenz mit car2go und DriveNow?

Claudia Braun: Wir werden das Konzept sicherlich noch ausbauen. Allerdings ist free floating bei uns naturgemäß etwas ganz anderes als bei den Autoherstellern. Wir wollen ja nicht anreizen, Auto zu fahren, wo es gute Alternativen gibt, sondern sehen uns als Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. Deswegen wird es von stadtmobil nie ein ausschließliches free floating-Angebot geben, sondern immer ein kombiniertes. Denn sowohl das free floating-Angebot als auch das stationsgebundene CarSharing haben, je nach Nutzungsszenario, ihre jeweils unschlagbaren Vorteile. Nur in der Kombination können sie das eigene Auto vollwertig und langfristig ersetzen. Die Ziele der Autohersteller sind hier womöglich andere.

CARSHARING-EXPERTEN: Was sind die größten Herausforderungen aktuell mit denen Sie bei stadtmobil zu kämpfen haben?

Claudia Braun: Wir bieten eine innovative Mobilitätsdienstleistung an, die sich mit einer Gesetzeslage aus dem letzten Jahrtausend herumschlagen muss. Das betrifft sowohl das Thema Stellplätze im öffentlichen Raum als auch die Parkerlaubnisse für unser JoeCar-System. Hier ist der Gesetzgeber dringend gefragt. Die verkehrsentlastende Wirkung vom klassischen CarSharing ist eindeutig nachgewiesen; von Politikern auf allen Ebenen wird betont, wie zukunftsfähig unser Konzept ist und wir bekommen Auszeichnungen und hervorragende Bewertungen in den Medien. Nur gute Worte helfen aber nicht, wenn wir durch veraltete Gesetzeslagen ausgebremst werden.

CARSHARING-EXPERTEN: Wir glauben stark an die integrierte bzw. komplementäre Mobilität: Also eine Welt, in der nicht unbedingt der Verkehrsanbieter im Vordergrund steht, sondern die nutzerorientierte Verzahnung mehrerer Verkehrsmittel. Gewinnen werden die Anbieter, die es schaffen an der richtigen Stelle mit der richtigen Lösung präsent zu sein und gleichzeitig durch Kundennähe und Servicequalität überzeugen. Wie bewerten Sie diese Aussage? Wie positionieren Sie sich hier als stadtmobil?

Claudia Braun: Das schätzen wir ähnlich ein. Deswegen ist das stadtmobil-Konzept ja auch: Eigenständige regionale CarSharing-Unternehmen, die direkt vor Ort ansprechbar sind. Wir können nur deshalb so gutes CarSharing anbieten, weil wir die Stadt und Region sehr gut kennen; gleichzeitig arbeiten wir überall dort, wo es für die Kunden Vorteile hat und wo wir wirtschaftlich zusammen stärker sind überregional zusammen. Das schätzen unsere Kunden an uns und das ist unser großes Plus. Wir sind eng verzahnt mit dem regionalen ÖPNV, stehen in ständigem Kontakt mit den Kommunen und natürlich unseren Kunden. Wir setzen auf CarSharing, das sich als Ergänzung zu ÖPNV und Fahrrad versteht. Und im CarSharing selbst bieten wir durch die enge Verzahnung unseres klassischen stationsbasierten Angebots – das sind zuverlässig reservierbare Fahrzeuge unterschiedlicher Größe – mit unseren JoeCars, die spontan und ohne feste Buchungszeiten zur Verfügung stehen, die nötige Flexibilität mit dem Auto.

CARSHARING-EXPERTEN: Es wird aktuell in der Branche darüber debattiert, ob das Freefloating CarSharing der Fahrzeughersteller mit den ÖPNV in Konkurrenz trete. Wie ist die Position von stadtmobil in dieser Debatte? Können Sie speziell bei JoeCar und/oder stadtflitzer eine komplementäre Nutzung zum ÖPNV beobachten?

Claudia Braun: Das stadtmobil-Angebot unterscheidet sich erheblich vom Angebot der Fahrzeughersteller. Ich habe ja eben schon einmal gesagt, dass wir den Anspruch haben, den privaten PKW-Besitz zu reduzieren. Jedes Angebot, das ernsthaft Alternativen zum eigenen Auto bietet nützt auch dem ÖPNV und bringt ihm mehr Nutzer. Im Gesamtbild bietet stadtmobil gerade durch die Kombination von free floating und klassischem stationsgebundenen CarSharing einen vollwertigen Ersatz fürs eigene Auto. Das begünstigt auch eine ÖPNV-Nutzung zu den Gelegenheiten, zu denen man als Nutzer kein Auto benötigt.

CARSHARING-EXPERTEN: Wie sehen Sie Ihren Beitrag zum Umweltschutz und Nachhaltigkeit als CarSharing Anbieter? In dem Zusammenhang: Wie kommen Ihre Elektrofahrzeuge im Markt an?

Claudia Braun: Sie haben es am Anfang selbst gesagt: Wir sind einer der ältesten „klassischen“ Anbieter auf dem Markt und damit einer, der aus der Ökologie-Ecke kommt. Seit unserer Anfangszeit positionieren wir uns in der Frage, ob ein eigenes Auto wirklich notwendig ist und überzeugen Menschen davon, dass ein sinnvoller Mix aus verschiedenen, umweltfreundlichen Verkehrsmitteln das zukunftsfähigste Fortbewegungskonzept ist. E-Fahrzeuge allein lösen aus unserer Sicht das Problem nicht: Wenn in zwanzig Jahren die gleiche Menge an Autos wie jetzt auf der Straße steht, aber mit anderen Antriebsformen, ist nichts gewonnen. Auf Dauer tragen nur insgesamt weniger Autos und ein anderes Mobilitätsverhalten zum Klimaschutz bei. Das spricht für CarSharing und den Gedanken „Teilen statt besitzen“, zunächst einmal unabhängig von der Antriebstechnik.
 Um Menschen von CarSharing zu überzeugen, muss es auch ökonomisch konkurrenzfähig sein. Da gibt es im Bereich der e-Mobilität noch viel zu tun, unabhängig davon, ob sie sich als Privatautos oder im CarSharing durchsetzen sollen.

CARSHARING-EXPERTEN: Können Sie uns etwas über stadtmobil verraten, was die Öffentlichkeit noch nicht weiß?

Claudia Braun: Wir haben so viele neue Ideen, ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte. Aber es bleibt dabei: auch nächstes Jahr liegt unser Schwerpunkt auf dem Ausbau der Flotte, des Stationsnetzes und vor allem mehr und mehr Menschen davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, auf CarSharing umzusteigen. Die richtig „heißen“ Neuigkeiten erfahren bei uns immer zuallererst die Kunden – und dann die Medien, also werden auch Ihre Website-Besucher im nächsten Jahr viel von uns hören!

CARSHARING-EXPERTEN: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg bei der Verwirklichung Ihrer Ideen! Wir bleiben sehr gespannt und werden garantiert bei uns darüber berichten.

Bildquelle: stadtmobil

Produktinformation: 
Stadtmobil / Carsharing
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Stadtmobil Carsharing ist in Deutschland in über 70 Städten mit insgesamt mehr als 700 Stationen vertreten. Stadtmobil.de bietet eine Vielzahl von Fahrzeugen: vom Cabrio über geräumige Kombis für die ganze Familie bis zum Kleintransporter für den Umzug - alles ist bei Stadtmobil Carsharing zu haben.


In Kürze

Im Test: Stadtmobil - Carsharing
Wertung der Redaktion von: Carsharing-Experten.de
Gesamtergebnis: 8 / 10

Erfahrungsberichte

Title: stadtmobil Vorstand Claudia Braun über zukunftsfähige Fortbewegungskonzepte und die Rolle von stadtmobil

Produkt:: Stadtmobil - Carsharing

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