Hat Volkswagen die bessere Carsharing-Strategie als Daimler oder BMW?


Carsharing (Quicar)

Die meisten großen Automobilhersteller arbeiten an neuen Mobilitätskonzepten und haben ihre eigenen Carsharing Angebote im Markt. Die aktuell bekanntesten Carsharing Services der Autobauer sind car2go von Daimler und DriveNow von BMW. Beide Anbieter expandieren stark und erschließen eine Metropole nach der anderen. Der VW Konzern ist aktuell mit Quicar als Pilotprojekt in Hannover vertreten und auf den ersten Blick etwas unterrepräsentiert, was den boomenden Carsharing Markt angeht.

Wirft man einen genaueren Blick auf die Entwicklungen im VW Konzern, muss man den Begriff „unterrepräsentiert“ in dem Zusammenhang ggf. neu bedenken. Ist VW den anderen Autoherstellern vielleicht doch einen Schritt voraus, auch wenn die zahlenmäßige Carsharing Marktpräsenz das nicht widerspiegelt?

Wenn man nur die reinen Fakten betrachtet, ist VW seit über zwei Jahren mit Quicar im Großraum Hannover vertreten und konnte in der Zeit knapp 10.000 Carsharing Kunden für sich gewinnen. Angeboten werden 200 Golf BlueMotion 1,6 TDI, die an rund 100 Stationen in Hannover zur Verfügung stehen. Daimlers car2go hingegen ist bereits in 25 internationalen Metropolen vertreten und hat mehr als 500.000 Kunden. DriveNow von BMW ist Daimler auf den Fersen. Das Angebot von DriveNow hat knapp 200.000 Kunden und wird aktuell vornehmlich in Deutschland (Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf) angeboten. San Francisco ist noch die einzige internationale Metropole des Münchner Autokonzerns.

Kann VW zu Daimler und BWM aufschließen?

Es stellt sich dabei die Frage, ob Volkswagen den zeitlichen Vorsprung von Daimler und BMW im schnell wachsenden Carsharing Markt noch aufholen kann. Ein genauer Blick auf die Aktivitäten von VW zeigt, dass der Wolfsburger Konzern schon längst nicht nur auf die Aktivitäten von Quicar in Hannover reduziert werden darf.

Bereits im Früher 2013 hatte sich die Volkswagen Financial Services AG an dem niederländischen Carsharing Marktführer Greenwheels beteiligt. Mit diesem Schachzug wollte sich VW weniger die niederländische Carsharing Marktführerschaft erkaufen, sondern einen technologischen Vorsprung von Greenwheels sowie das Know-how, wenn es darum geht ein Carsharing System profitabel zu betrieben. Mit Greenwheels holte sich der VW Konzern, über die 100%ige Tochter Volkswagen Financial Services AG, eine Carsharing Technologie ins Haus, die über alle Konzernmarken hinweg verwendet werden kann. Mit Hilfe von Greenwheels ist jede Marke des Volkswagen Konzerns grundsätzlich in der Lage, ein individuelles Carsharing Angebot zu definieren. So ist es eben denkbar, dass mit der Volkswagen-Marke, das Massenmarkt-Carsharing à la Quicar angeboten wird, die Marke AUDI wiederum eher für Business-Carsharing stehen wird. Auch ist es sehr wahrscheinlich, dass VW andere Carsharing-Konzepte in unterschiedlichen Regionen der Welt ausrollen wird. Hier wäre beispielsweise Asien und solch ein Land wie China sehr interessant.

Mobilitätsexperten sind sich einig, dass es neue Lösungen braucht, um die überfüllten asiatischen Metropolen zu entlasten und vor einem Verkehrsinfarkt zu retten. Aktuell setzen die Chinesen auf administrative Maßnahmen und Beschränkungen, um den Autoverkehr einzuschränken. Autokäufer müssen sich beispielsweise über eine Lotterie für ein Nummernschild bewerben. Neue Mobilitätslösungen wie Carsharing wären zielführender, sofern es die Mentalität der Chinesen zulässt, auf das Statussymbol Auto zu verzichten. Die Chancen in diesen Märkten werden von VW ebenfalls geprüft. Daimler und BMW sind mit ihren Angeboten aktuell in Europa und Nordamerika vertreten.

Greenwheels soll dabei die vielen Möglichkeiten des Carsharing – Marken- und regionsunabhängig – als Plattform technologisch begleiten.

Gregor Faßbender-Menzel, Sprecher der Volkswagen Financial Services, bestätigt: „Carsharing hat viele Facetten. Dem tragen wir Rechnung, indem wir intensiv über Lösungen und Angebote für alle Kundengruppen nachdenken, insbesondere auch für Geschäftskunden. Mit Greenwheels haben wir hierfür eine innovative Anbieter-Plattform verschiedener modularer Konzepte für alle Marken des Volkswagen Konzerns. Lassen Sie sich überraschen.“

Carsharing durch die Augen eines Automobilherstellers

Alle Automobilhersteller sind gerade stark bemüht neue Mobilitätskonzepte zu erarbeiten und weichen damit ihr traditionelles Geschäftsmodell - in dem vornehmlich Autos verkauft werden – auf.  Die Automobilhersteller erweitern somit ihr Verkaufsmodell und entwickeln sich immer mehr zu Mobilitätsdienstleistern. Wir haben bei VW (Gregor Faßbender-Menzel, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Volkswagen Financial Services AG) nachgefragt, welche Motivation dahinter steckt und welcher Stellenwert solchen Mobilitätsangeboten wie Carsharing beigemessen wird.

CARSHARING-EXPERTEN: Welche gesellschaftlichen Strömungen und Probleme bedingen neue Mobilitätskonzepte? Wieso kann nicht alles so bleiben wie es ist? Sie hätten als Automobilhersteller ein „leichteres“ Leben. Nun müssen Sie sich in gewisser Weise neu erfinden.

Gregor Faßbender-Menzel: Diesen Auftrag nehmen wir gerne an, denn wir wollen schnell und flexibel auf Nachfrageveränderungen reagieren. Immer mehr Menschen leben in Städten. Weltweit werden es im Jahr 2050 mehr als 70 Prozent sein. Das bedeutet noch mehr Verkehr, verstopfte Straßen und knappen Parkraum. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung werden vor diesem Hintergrund weiter an Bedeutung gewinnen. In London, Paris und New York verzichtet bereits mehr als die Hälfte der Haushalte auf ein eigenes Fahrzeug. Hinzu kommt, dass sich die grundsätzliche Einstellung junger Menschen zum Automobil verändert. Immer seltener sehen sie im Auto ein Statussymbol. Teilen und Nutzen ist der jungen Generation wichtiger als Besitzen. Diese beiden Trends werden die Nachfrage nach Carsharing steigern. Trotzdem wird das Auto auch in Zukunft eine wichtige, wenn auch  andere Rolle spielen. Es wird bedarfsweise genutzt – im Wechsel mit Bus, Bahn oder Fahrrad.

CARSHARING-EXPERTEN: Es gibt in Deutschland aktuell ca. 800.000 Carsharer. Das ist im Gesamtkontext noch nicht viel. Wie kann die Popularität von Carsharing gesteigert werden?  Welche Rolle wird Carsharing in Zukunft spielen?


Gregor Faßbender-Menzel: Gewiss, die Zahl der Nutzer ist noch nicht sehr groß. Aber Carsharing ist nur ein Baustein in einem Gesamtkonzept namens Neue Mobilität. Hierfür entwickeln und gestalten wir überzeugende Lösungen. Dazu gehört Carsharing für wenige Stunden oder gar Minuten. Hinzu kommen Mietangebote von einem Tag bis zu einem Jahr, selbstverständlich auch klassische Leasingverträge mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren. Das Angebot mehrerer Verkehrsträger aus einer Hand – wobei das Auto hier weiterhin im Mittelpunkt stehen wird – mit entsprechenden Buchungs- und Abrechnungssystemen ist für uns ein wichtiges Thema. Testfeld für die Kombination mehrerer Verkehrsmittel wie Auto, Bahn, Bus ist unsere Beteiligung Greenwheels. Gleichzeitig investieren wir in eine Infrastruktur, die über einen Mobilitätspass die Abrechnung der verschiedenen miteinander vernetzten Verkehrsträger übernimmt.

Bildquelle: Volkswagen

Produktinformation: 
Quicar / Carsharing
8

Quicar ist das Carsharing-Angebot von Volkswagen, aktuell in Hannover. Quicar.de ist Testsieger von Stiftung Warentest (Test 10/2012, 9 Carsharing-Anbieter im Test).


In Kürze

Im Test: Quicar - Carsharing
Wertung der Redaktion von: Carsharing-Experten.de
Gesamtergebnis: 8 / 10

Weitere Informationen

Title: Hat Volkswagen die bessere Carsharing-Strategie als Daimler oder BMW?

Produkt:: Quicar - Carsharing

Im Rahmen einer Story zur Carsharing Strategie des Volkswagen Konzerns haben wir uns mit Gregor Faßbender-Menzel, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Volkswagen Financial Services AG,... (mehr lesen)